(Foto: © Nikolay Klimenko)
Im vergangenen Jahr erwarben internationale Käufer in den USA Wohnimmobilien im Wert von 153 Milliarden Dollar – 10 Prozent des gesamten Dollarvolumens, das in den USA für Wohnimmobilien ausgegeben wurde. Der größte Anteil davon (22 Prozent) entfiel auf Florida. Gleichzeitig verschärfen Gesetzgeber und Banken aber die Bedingungen für eine Kreditaufnahme durch Nicht-Amerikaner. Viele Institute stellen inzwischen Anforderungen an die Kreditnehmer, die kaum zu erfüllen sind. Eine Alternative sind Peer-to-Peer-Hypothekengeber, die den Fokus weniger auf die Bonität des Kreditnehmers als auf die Sicherheit, sprich die Immobilie legen. Um Letztere korrekt bewerten zu können, muss eine Schätzung vorgenommen werden.
Im Sinne des Verbraucherschutzes wurden die Gesetze für Immobilienbewertungen und Wertschätzungen im Jahre 2010 durch den Dodd Frank Act substanziell geändert. Seitdem wird ein Wertgutachten in den USA vom Kreditgeber geordert und vom Kreditnehmer bezahlt. Der Kreditgeber bestellt das Gutachten über eine »appraisal management company« (AMC). Diese werden von der Federal Financial Institution Regulatory Agencies Group reguliert und ihre Daten in einem nationalen Register gespeichert. Eine AMC ist ergo ein zwischengeschaltetes Organ, das auf der einen Seite mit Kreditgebern und auf der anderen Seite mit lizenzierten Gutachtern zusammenarbeitet.
Zur Pruüfung und Überwachung der Leistungen der einzelnen Gutachter gibt es kontinuierliche Screeningprozesse und Benchmarks. Dazu gehört auch die Überprüfung der Lizenzierung und Versicherung der Gutachter. Sobald ein Kreditgeber ein Wertgutachten über eine AMC bestellt, weist diese den Auftrag anhand einer Vielzahl von Kriterien einem Schätzer zu. Kriterien sind unter anderem: lokaler Bezug und Marktkenntnis, geografische Nähe zum Objekt, Lizenzlevel, Ausbildung, Bewertungshistorie und Einhaltung vorgegebener Deadlines.
Bei den Gutachtern handelt es sich um staatlich lizenzierte, hochqualifizierte Fachleute, die speziell dafür ausgebildet sind, den Marktwert eines Objekts objektiv und unvoreingenommen zu bestimmen. Sie verfügen über mehrere Jahre Berufserfahrung und sind zu fortlaufender Weiterbildung angehalten. Zusätzlich sind sie dazu verpflichtet, jeden Aspekt, der den Marktwert der betreffenden Immobilie in irgendeiner Weise beeinflussen könnte, zu belegen. Die Zuteilung erfolgt nach dem Rotationsprinzip.
Nachdem die AMC den Auftrag an den Wertgutachter erteilt hat, bestätigt sie die Kontaktdaten des Kreditnehmers, die gesonderten Anweisungen und Anforderungen des Kreditgebers sowie das Fälligkeitsdatum des Gutachtens. Während des laufenden Bewertungsprozesses darf ausschließlich die AMC mit dem Wertgutachter kommunizieren. Der Gutachter nimmt so zeitnah wie möglich eine persönliche Inspektion der betreffenden Immobilie vor und bewertet ausschließlich den Zustand dessen, was untrennbar mit der Immobilie oder dem Grundstück verbunden ist. Am wichtigsten sind Alter, Quadratmeterzahl, Anzahl der Schlafzimmer und Bäder, Grundstücksgröße, Lage, Aussicht sowie erkennbarer Zustand des Objekts. Gutachter notieren zudem sichtbare Defekte und empfehlen gegebenenfalls nötige Reparaturen.
Sobald die Inspektion abgeschlossen ist, greift der Gutachter auf öffentliche Register und den Multiple Listing Service (MLS) zu, um sowohl aktuelle als auch zurückliegende Verkäufe im Umkreis zu recherchieren. Die Vergleichsimmobilien sollten in Lage und Ausstattung weitestgehend dem betreffenden Objekt entsprechen. Der Marktwert wird dann durch Abzug oder Hinzurechnung von Kennziffern und Beträgen ermittelt. Üblicherweise ziehen die Gutachter drei bis vier Verkäufe heran, die innerhalb der letzten 90 Tage, maximal der letzten sechs Monate abgeschlossen wurden.
Nachdem das Gutachten fertiggestellt worden ist, wird es an die AMC übermittelt und von dieser auf alle Anforderungen hin geprüft, bevor es an den Kreditgeber sowie dessen Kunden weitergeleitet wird. Aufgrund der strengen Regeln im Erstellungsprozess eines Wertgutachtens sind Manipulationen und größere Abweichungen vom tatsächlichen Wert de facto auszuschließen.
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der allgemeinen Information.
Über die Autorin
Kirsten Paul ist Bankkauffrau und Mortgage-Broker / Finanzierungsberaterin mit Büros in Deutschland, Telefon + 49 (6021) 458 6050, und Florida, Telefon (954) 510-1794 sowie (239) 344-9930. E-Mail: info@paul-international.net