Ein Pfeilschwanzkrebs auf Sanibel Island (Foto © Kevin H Knuth/Shutterstock.com)
Pfeilschwanzkrebse oder Hufeisenkrebse pflanzen sich zwar das ganze Jahr über fort, aber in den Monaten März und April finden sich besonders viele von ihnen an Floridas Küsten ein, um sich im flachen Wasser zu paaren. Wie Florida Today ausführt, schwimmen die kleineren Männchen vor allem bei Hochwasser an den Tagen um Neu- und Vollmond auf der Suche nach den Weibchen an der Küstenlinie entlang. Haben sie eine Partnerin gefunden, setzen sie sich auf ihren Rücken. Anschließend legt das Weibchen bis zu 30.000 Eier in eine Sandmulde, auf die das Männchen seine Spermien abgibt. Dabei kommt es vor, dass andere Männchen sich dazwischen drängen und ebenfalls einen Teil der Eier befruchten. Da Eier und Larven, aber auch die ausgewachsenen Pfeilschwanzkrebse vielen verschiedenen Tierarten als Nahrung dienen und sie zudem sehr lange brauchen, um die Geschlechtsreife zu erlangen – bei Männchen sind es etwa 9, bei Weibchen 10 Jahre – entstehen aber letztlich nur aus einem Bruchteil der Eier auch ausgewachsene Tiere, die sich selbst wiederum fortpflanzen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche durch den Menschen verursachte Umstände, die die 450 Millionen Jahre alte Tiergruppe in ihrer Existenz bedrohen. Da ist einerseits der Hunger des Menschen auf ihr Blut, das zur Überprüfung von Impfstoffen auf bakterielle Gifte genutzt wird. Das Chitin ihrer Panzer dient zur Herstellung so unterschiedlicher Produkte wie Kontaktlinsen, Haarsprays, Hautcremes, Antazida, Wundnahten, Mittel zum Abnehmen und zur Blutdrucksenkung, aber auch zur Filterung von Metallen und Chemikalien aus Abwässern. Fischer benutzen Hufeisenkrebse als Köder, in China werden sie gern gegessen. Dazu kommt die Verschmutzung und Zerstörung ihres Lebensraums: So sind ihre Eier etwa in der Indian River Lagoon nicht mehr überlebensfähig, da sich durch die Einleitung von düngerhaltigem Abwasser aus der Landwirtschaft und anderem Schmutzwasser sowie das Eindringen von Jauche aus leckenden Klärgruben auf dem Boden des Gewässers eine sauerstoffarme Schlammschicht gebildet hat. Den gravierendsten negativen Einfluss auf den Bestand der Pfeilschwanzkrebse hat nach Ansicht mancher Biologen aber vielleicht die Bewehrung der Küste durch Steinaufschüttungen, Seemauern und andere Hindernisse, die die Tiere davon abhalten, die weichen Sandflächen im Flachwasser zu erreichen, die sie benötigen, um ihre Eier abzulegen.
In Japan gelten Pfeilschwanzkrebse bereits als gefährdet, und auch in anderen Gegenden drohen sie laut den Ergebnissen jüngster Untersuchungen auszusterben. Laut einer Studie von 2016, in der die Bestände der Pfeilschwanzkrebsart Limulus polyphemus in sechs US-Regionen untersucht wurden, besteht in eingen der Regionen beziehungsweise Teilen davon die Gefahr einer lokalen Ausrottung. in der floridianischen Atlantikregion wurde ein Rückgang der Populationen in Küstenbuchten und Ästuaren festgestellt. Die genauen Gründe dafür liegen noch weitgehend im Dunkeln; einige Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit den in jüngerer Zeit vermehrt auftretenden toxischen Wasserblüten.
Angesichts der Tatsache, dass die Vorfahren der heutigen Pfeilschwanzkrebse im Laufe von Jahrmillionen mehrere Massensterben überstanden, wäre es nicht nur eine traurige Ironie, wenn sie nun durch die Schuld des Menschen doch noch von der Erde verschwinden würden. Aufgrund ihrer bedeutenden ökologischen Rolle würde dies auch zahlreiche andere Lebewesen in ihrer Existenz bedrohen: Abgesehen von ihrer bereits erwähnten Rolle als Nahrungsquelle etwa für Küstenvögel oder Meeresschildkröten fungieren sie, indem sie Aas fressen, auch als "Gesundheitspolizei" des Ökosystems und sind zugleich eine Art "Kindermädchen" für den Nachwuchs vieler anderer mariner Organismen, indem sie ihn auf ihrem Rücken und ihrem Bauch mit sich herumtragen. Ihr Auftreten kann daher gewissermaßen als Gradmesser für die Gesundheit des Küstenökosystems angesehen werden.
Sollten Sie bei einem Spaziergang an einer der Küsten Floridas auf sich paarende Pfeilschwanzkrebse stoßen, bittet Sie die Florida Fish and Wildlife Conservation Commission darum, ihr Ihren Fund einfach per Smartphone über die FWC Reporter App oder telefonisch unter der gebührenfreien Nummer 866-252-9326 zu melden. Falls Sie ein auf dem Rücken liegendes Tier finden, versuchen Sie bitte vorsichtig, es umzudrehen – fassen Sie es dabei aber nur an der Seite, nicht am Schwanz an.
Erst kürzlich wurde übrigens durch genetische Untersuchungen bestätigt, was viele Wissenschaftler schon lange vermutet hatten: Wie Haaretz berichtet, handelt es sich bei den Pfeilschwanzkrebsen ihrem Namen zum Trotz absolut nicht um Krebse. Waren viele Wissenschaftler bisher davon ausgegangen, dass die Ordnung der Schwertschwänze, zu der sie gezählt werden, eine Schwestergruppe der Spinnentiere darstellt, legen die neusten Erkenntnisse allerdings nahe, dass es sich tatsächlich um aquatische Spinnen, genauer gesagt das Schwestertaxon der Kapuzenspinnen handelt. Obwohl bereits vor 140 Jahren erstmals die These aufgestellt worden war, dass die Schwertschwänze nicht den Krebsen, sondern den Spinnentieren zuzuorden seien, weigerte sich ein Teil der Fachwelt bis zuletzt, diese Idee zu akzeptieren. Dies lag vor allem an ihren auffälligen anatomischen Unterschieden gegenüber den "klassischen" Spinnen: So besitzen Pfeilschwanzkrebse anders als jene unter anderem nicht acht, sondern zehn Beine. Darüber hinaus ist insbesondere auch ihr dorniger Schwanz mit seinen Lichtrezeptoren alles andere als spinnentypisch.