Hotel Mama statt Chaos-WG: Floridas Youngster haben mit dem Ausziehen keine große Eile. (Foto: © Eugenio Marongiu)
Für das Phänomen, dass junge Menschen zwischen 20 und Mitte 30 insbesondere in Florida heutzutage länger bei den Eltern oder Großeltern wohnen und später einen eigenen Haushalt oder gar eine Familie gründen als ihre Vorgängergeneration, gibt es verschiedene Ursachen. Wie die Tampa Bay Times schreiben, sehen sich viele Berufsanfänger vor allem in den teureren Küsten- und Metropolregionen wie Tampa und Miami schlicht nicht in der Lage, von ihren Einstiegsgehältern die ortsüblichen Mieten und Hypothekenzinsen zu zahlen. Nach Untersuchungen des Apartment-Internetsuchportals ABODO, das sich insbesondere an US-amerikanische Studenten und Hochschulabsolventen richtet, beläuft sich das mittlere Monatseinkommen von jungen Leuten zwischen 18 und 34 Jahren, die noch in ihrem Elternhaus leben, in der Tampa-Bay-Region auf 1295 Dollar. Demgegenüber liegt dort die mittlere monatliche Miete für eine Wohnung bei 976 Dollar, im Großraum Miami sogar bei 1208 Dollar.
Dazu kommt laut dem ABODO-Vertreter Sam Radbil, dass beide Regionen eine dem nationalen Durchschnitt entsprechende Jugendarbeitslosigkeit von 10 Prozent aufweisen, während sie floridaweit bei 4,3 Prozent liegt. Ein weiterer Grund dafür, dass ein relativ großer Anteil der jungen Erwachsenen speziell in diesen Regionen länger als anderswo bei den Eltern lebt, könnte laut Radbil darin liegen, dass sich sowohl in Tampa als auch in Miami wichtige Universitäten befinden, sodass Studenten während des Studiums bei den Eltern wohnen bleiben können.
Der Elternberater und Autor Hal Runkel hat dagegen Zweifel daran, dass die ökonomischen Verhältnisse die Hauptursache für das Nesthockerphänomen unter den Millennials darstellen. Wie er im Interview mit den Tampa Bay Times erläutert, führen seiner Ansicht nach die heutigen Erziehungsmethoden dazu, dass Heranwachsende von ihren Eltern nicht adäquat auf ein selbstständiges Leben vorbereitet werden: Eltern versuchten, ihren Kindern die beste Ausbildung zu ermöglichen, und bemühten sich zugleich darum, sie so lange wie möglich vor den negativen Aspekten und Gefahren der Welt zu schützen. Infolgedessen gewöhnten sich viele junge Erwachsene daran, nicht nur bei, sondern von den Eltern zu leben.
Derartigen Erklärungsansätzen und Problematisierungen hält der Soziologieprofessor Elwood Carlson von der Florida State University allerdings Statistiken entgegen, nach denen der Prozentsatz junger Leute in ihren 20ern, die noch bei den Eltern lebten, zwischen 1900 und 1940 ebenso hoch war wie heute, obwohl der Abschluss der Schule und der Start ins Arbeitsleben damals deutlich früher erfolgten. De facto seien also die Millennials lediglich zu einer Lebensweise zurückgekehrt, die früher als ganz normal galt.