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Schon in wenigen Jahren könnten in Florida Vanilleplantagen entstehen. (Foto © Kletr/Shutterstock.com)
Als Begründer des Anbaus der Orchideengattung Vanilla gilt das Volk der Totonaken in der mexikanischen Region Veracurz am Golf von Mexiko. Der Legende nach entstand die Vanillepflanze aus einer verbotenen Liebe und ihrem gewaltsamen Ende: Die außergewöhnlich schöne Totonaken-Prinzessin Tzacopontziza ("Morgenstern") sollte nach dem Wunsch ihrer Eltern ihr Leben allein der Erntegöttin Tonoacayohua widmen, verliebte sich aber in den Prinzen Zkatan-Oxga. Beim Versuch, aus der Tempelanlage in die Berge zu fliehen, wurde das Liebespaar von Priestern entdeckt und getötet. An der Stelle, an denen sie umgekommen waren, spross einige Tage später der erste Vanillestrauch aus dem Boden. Die Azteken, die die Totonaken im 15. Jahrhundert unterwarfen, verpflichteten Sie, einen Teil der von ihnen geforderten Tributleistungen in Vanille zu entrichten und machten die kleingestampften Kapselfrüchte der Schoten zu einem Bestandteil ihres Kakaotrunks "xocoatl", von dessen Namen sich das Wort Schokolade ableitet.
Von den spanischen Konquistadoren wurde die Pflanze im 16. Jahrhundert in ihre Heimat gebracht. Da dort aber die natürlichen Bestäuber fehlten, zu denen bestimmte Kolibri- und Bienenarten zählen, sollte es bis zum 19. Jahrhundert dauern, bis die begehrten Früchte erstmals außerhalb von Zentralamerika geerntet werden konnten. 1837 gelang es dem belgischen Botaniker Charles Morren erstmals, Vanillepflanzen in einem Gewächshaus per Hand zu bestäuben, vier Jahre später entdeckte auch der 12 Jahre alte, auf einer Plantage auf der französischen Überseeinsel La Réunion als Sklave lebende Demond Albius ein künstliches Bestäubungsverfahren und erhielt dafür angeblich später die Freiheit geschenkt. Obwohl es bereits 1874 gelang, den Aromastoff Vanillin synthetisch herzustellen, blieb die Vanille eine begehrte Gewürzpflanze, die auch in Kosmetikprodukten wie Parfüms Verwendung findet.
In den zurückliegenden Jahren ist der Vanillepreis angesichts der Tatsache, dass auch große Nahrungsmittelmarken zunehmend auf natürliche und biologische Produkte setzen, wieder deutlich angestiegen ist. Laut dem Miami Herald hängt dies auch mit zurückgehenden Ernteerträgen unter anderem infolge des Klimawandels in den größten Vanilleanbauländern Madagaskar und Mexiko zusammen. Auf der anderen Seite suchen viele Landwirte in Florida, das gute klimatische Bedingungen für den Vanilleanbau bietet, nach neuen Ernteprodukten, um das Risiko von Einbußen durch Nachfrageschwankungen, Pflanzenkrankheiten wie Citrus Greening oder Wetterphänomene wie Dürren oder Hurrikane zu streuen. Nach Ansicht von Sonia Tighe, Geschäftsführerin der Florida Fruit and Vegetable Association, hat die Vanille daher gute Aussichten, sich mittelfristig zumindest als Nischenprodukt in der floridianischen Landwirtschaft zu etablieren.
Da die Vanille als Rankpflanze an Bäumen wie beispielsweise Avocados, Zitrus- oder Nussbäumen wachsen kann, ließe sich durch ihren Anbau der Flächenertrag bestehender Fruchtplantagen steigern. Allerdings würde der Co-Anbau unterschiedlicher Pflanzen im Vergleich zur traditionellen Monokultur auch mehr Aufwand bedeuten, was die Bekämpfung von Krankheiten und die Optimierung der Produktion angeht. Laut Alan Chambers, Assistenzprofessor für Genetik und die Zucht tropischer Pflanzen an der University of Florida, wäre der Vanilleanbau durch Kooperativen von Plantagenbauern, die ihre Vanilleschoten gemeinsam an die Industrie verkaufen, ein Ansatz, der Potenzial hätte. Auf diese Weise hätten die Verbraucher auch die Möglichkeit, sich Vanille direkt auf den Farmen zu kaufen.
Bevor mit einem kommerziellen Anbau in Florida begonnen werden kann, ist nach Aussage von Chambers allerdings noch eine Menge Forschung nötig. Zwar gibt es in den Sümpfen Floridas vier einheimische Vanillearten, von denen einige laut Richard Moyroud, Besitzer der Gärtnerei Mesozoic Landscapes, möglicherweise einst in präkolumbischer Zeit aus Mexiko in den Sunshine State gelangten und die allesamt durch Habitatzerstörung und Menschen, die sie illegal abpflücken, in ihrem Bestand bedroht sind. Diese eignen sich gemäß Chambers aber im Hinblick auf ihre Erträge nicht zur kommerziellen Nutzung. Aufgrund ihrer guten Anpassung an die hiesigen Umweltbedingungen könnte ihr genetisches Material aber sehr nützlich sein, um neue Arten beziehungsweise Unterarten zu züchten, die sich optimal für eine hiesige Vanilleproduktion eignen.
Chambers rechnet mit einem Zeitraum von 5 bis 20 Jahren, bis man ideale Pflanzen für den Anbau in Florida gefunden hat. Im Laufe dieses Kultivierungsprozesses könnten auch Vanillefrüchte mit neuen Geschmacksnoten entstehen. Ein Grund für Chambers, bezüglich der Vanilleproduktion in Florida optimistisch zu sein, liegt auch in dem Umstand, dass bereits heute Vanille kommerziell auf der klimatisch sehr ähnlichen Insel Hawaii angebaut wird. Nach den dortigen Erfahrungen dauert es etwa zwei bis drei Jahre, bis die Vanillepflanzen ordentlich angewachsen sind und zu Blühen beginnen, wobei das Ziehen auf Bäumen den Prozess beschleunigt. Der mit Abstand aufwendigste Teil des Vanilleanbaus bleibt aber – solange es Chambers und anderen Forschern nicht gelingt, eine andere Methode zu entwickeln – die mühsame Bestäubung von Hand.