Vage Vision oder schon bald Realität? (Foto: © Jesus Sanz)
Der Zukunftstrend zu fahrerlosen Autos verläuft schneller als angenommen. Die Giganten aus dem Silicon Valley wie Google und Apple, Uber und auch die großen Autokonzerne beschäftigen sich intensiv mit dem Thema »autonomous driving«. Längst gibt auch Audis selbstfahrendes Auto Jack eigenständig Gas, bremst und lenkt.
Parallel zu dieser Entwicklung besitzen Millennials, also jene Generation, die etwa zwischen 1980 und 2000 geboren wurde, heute immer weniger Autos. Sie nutzen Uber und ähnliche Dienste, leben bevorzugt in der Nähe ihrer Arbeit und der von ihnen genutzten Freizeitangebote. Fahrerlose Autos werden diese Tendenz noch deutlich verstärken. Wenige Menschen werden sich in diesem Zukunftsszenario noch ein Auto »gönnen«. Grundsätzlich dürften sich die Entwicklungen alles in allem positiv auf die Wirtschaft allgemein und den Wohnimmobiliensektor im Besonderen auswirken.
Was könnten die beschriebenen Entwicklungen in den Bereichen »autonomous driving« und/oder Carsharing für die Arbeitswelt und die Freizeit bedeuten? Wie wird sich das Verhalten von Konsumenten verändern?
Zwei meiner Einschätzungen:
• Die Ausgaben für Unterhalt, Finanzierung, Benzin, Versicherung eines oder mehrerer Autos werden fast vollkommen verschwinden. Dies erhöht deutlich das
frei verfügbare Haushaltseinkommen.
• Erheblicher Anstieg der Produktivität: Die Fahrtzeit zur Arbeit verkürzt sich und wird verlässlicher (weniger Staus, keine Unfälle, keine Parkplatzsuche). Währendder Fahrt kann zudem gearbeitet werden, die so gewonnene Zeit kann später für Konsum, Vergnügen, Sport et cetera genutzt werden.
Welche Auswirkungen habendie beschriebenen Entwicklungen langfristig auf den Immobilienmarkt?
Denkbar sind folgende Szenarien:
• Es werden deutlich weniger Parkplätze, Autohändler und Tankstellen benötigt. Da diese oftmals in Toplagen der Innenstädte liegen, werden solche Lagen frei für die Erstellungvon Wohnraum. Infolge der deutlichen Vergrößerung des Angebots könnten die Preise für Toplagen stagnieren.
• Die Nachfrage nach Immobilien am Stadtrand und in B-Lagen wird sich reduzieren. Andererseits werden die Agglomerationen attraktiver, da Mieter/Käufer nun viel einfacher, schneller und günstiger pendeln können.
• Die Anzahl innerstädtischer Arbeitsplätzewird ansteigen, da mehr Wohnraum zur Verfügung steht.
• Große Vorgärten, Garagen für zwei oder drei Autos, große Parkplätze vor dem Haus et cetera dürften der Vergangenheit angehören. Neue, visionäre Wohnsiedlungen wie etwa die Babcock Ranch in Florida mit geplanten 50.000 Einwohnern sehen bereits Zubringerdienste und fahrerlose Autos vor, die mit Apps angefordert werden können.
• Baukosten sinken, da die Transportkosten zurückgehen und die Anlieferung von Materialien nun 24 Stunden am Tag erfolgen kann. Da in Auto- und Transportindustrie weniger Arbeitskräftebenötigt werden, stehen für die Bauindustrie mehr Kräfte zur Verfügung.
• Es wird weniger umgezogen. Das eigene Haus bleibt im Alter nutzbar, auch wenn man nicht mehr fahren kann. Die Nachfrage nach Einrichtungen für betreutes Wohnen und Altersheimen könnte sinken.
• Die Bauindustrie im Bereich Umbauten dürfte boomen, da Häuser entsprechend den Bedürfnissen älterer Bewohner ausgestattet werden müssen. Garagen werden nicht mehr benötigt und können für andere Zwecke verwendet werden.
Über den Autor
Rainer N. Filthaut ist Broker und Gründer der IRC International
Realty Corporation in Naples. Telefon (239) 213 4000; E-Mail: rainer@inter-realty.com