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Eine gerade aus dem Ei geschlüpfte Unechte Karettschildkröte am Clam Pass Beach von Naples auf dem Weg ins Meer (Foto © SunflowerMomma/Shutterstock.com)
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Die Grüne Meeresschildkröte Maggie Mae bei der Rückkehr ins Meer (Foto © Clearwater Marine Aquarium)
Fast 90 Prozent der Meeresschildkrötennistplätze in den USA befinden sich an den Stränden Floridas. Bei den Schildkröten, die dort ihre Eier ablegen, handelt es sich vor allem um Unechte Karettschildkröten (Caretta caretta, "loggerhead sea turtle"), daneben auch um Grüne Meeresschildkröten oder Suppenschildkröten (Chelonia mydas, "green sea turtle") und Lederschildkröten (Dermochelys coriacea, "leatherback sea turtle"). Gelegentlich findet man auch Gelege von Echten Karettschildkröten (Eretmochelys imbricata, "hawksbill sea turtle") und Atlantik-Bastardschildkröten (Lepidochelys kempii, "Kemp's ridley sea turtle"). Alle diese Arten gelten als in ihrem Bestand bedroht oder sogar gefährdet. Wie Weather.com berichtet, wurden laut der Florida Fish and Wildlife Conservation Commission (FWC) 2017 in ganz Florida rund 97.000 Schildkrötennester gezählt. Die Nistsaison erstreckt sich vom Frühling bis in den Herbst, wobei es leichte lokale Unterschiede gibt.
Nach der Aussage von Experten besteht kein Zweifel daran, dass viele der Faktoren, die den Nisterfolg der Schildkröten gefährden, vom Menschen verursacht werden. So können etwa Dinge wie am Strand aufgestellte Stühle, zurückgelassener Müll oder in den Boden gegrabene Löcher sowohl für Schildkrötenweibchen, die zur Eiablage an den Strand kriechen wollen, als auch für aus den Eiern geschlüpfte Junge, die sich auf den Weg ins Meer machen, zu schwer überwindbaren Hindernissen werden. Dazu kommen helle Lichter von nahegelegenen Häusern und Hotels, die die Schildkrötenjungen verwirren und so dazu führen können, dass sie in die falsche Richtung kriechen. Laut einer derzeit noch laufenden Studie des Loggerhead Marinelife Center in Juno Beach ist die Wahrscheinlichkeit, dass Meeresschildkröten an einem Strand, den sie angeschwommen haben, auch tatsächlich Eier ablegen, größer, wenn sich dort nur wenige Menschen aufhalten. Wenn es dort dagegen relativ viele Menschen gibt, zeigen die Schildkröten eine stärkere Neigung, wieder ins Wasser zurückzukehren, ohne Eier abgelegt zu haben.
Rein theoretisch ist die Erwartung daher naheliegend, dass die coronabedingt leeren Strände zu einer größeren Zahl von Schildkrötennestern und -jungen führen werden. Da allerdings derzeit niemand genau sagen kann, ob und wann die Strände, die mittlerweile wieder für menschliche Besucher geöffnet wurden, sich wieder so füllen werden wie vor der Corona-Krise, und es zudem noch andere Faktoren gibt, die den Nisterfolg der Schildkröten beeinträchtigen können – beispielsweise schwere Stürme, die die Gelege zerstören –, lässt sich noch keine Aussage dazu treffen, ob der zumindest zeitweilige Rückgang menschlicher Strandbesucher einen positiven Effekt auf die Fortpflanzung der Tiere haben wird. Nach Einschätzung von Shanon Gann, Leiterin des Meeresschildkrötenprogramms des Brevard Zoo Sea Turtle Healing Center in Melbourne, ist es jedenfalls unwahrscheinlich, dass eine erfolgreichere Nistsaison einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Bestandszahlen der Schildkröten haben wird.
Wer sich dafür interessiert, welche Wege Meeresschildkröten im Ozean zurücklegen, kann auf der Website des Gumbo Limbo Nature Center in Boca Raton unter anderem den Spuren der subadulten (noch nicht geschlechtsreifen) Unechten Karettschildkröte Zatanna folgen. Zatanna war am 14. Januar versehentlich von Anglern am Deerfield Beach International Fishing Pier gefangen und in das Naturzentrum gebracht worden, wo ihr zunächst durch eine Operation der Angelhaken aus dem Mund entfernt wurde. Anschließend verhielt sie sich zunächst lethargisch und verweigerte die Nahrungsaufnahme. Nachdem sie etwa zwei Wochen behandelt worden war, begann sie, größere Mengen von Plastikteilen auszuscheiden, darunter Flaschenverschlüsse, Plastikgabeln und -folien. Nach der kontinuierlichen Verabreichung von Antibiotika, Flüssigkeit sowie leichten Mineralölen schied Zatanna schließlich alles in ihrem Magen vorhandene Plastik aus, sodass sie am 18. März gesund in die Freiheit entlassen werden konnte. Zuvor wurde die Schildkröte mit einem Satellitensender ausgestattet, sodass ihre Bewegungen im Meer nun genau nachverfolgt werden können. Wissenschaftler erhoffen sich dadurch auch neue Erkenntnisse über das Verhalten von Meeresschildkröten in diesem bisher wenig erforschten Alter.
Eine junge Grüne Meeresschildkröte, die zumindest in der Gegend von Clearwater eine gewisse Prominenz erlangte, konnte kürzlich nach einer medizinischen Behandlung ebenfalls ins Meer zurückkehren: Maggie Mae war am 16. März, dem ersten Tag des Lockdowns, nahe dem Merry Pier im Pinellas County im Wasser treibend, aber offensichtlich unfähig unterzutauchen gefunden und daraufhin ins Clearwater Marine Aquarium gebracht worden. Dort stellte man fest, dass ihr Magen-Darm-Trakt eine mittelgroße Menge Gas enthielt, das möglicherweise die Ursache dafür war, dass sie nicht abtauchen konnte. Nachdem sie unter anderem mit Vitaminen und Antibiotika aufgepäppelt worden war, wurde sie am 29. April am Clearwater Beach in den Golf von Mexiko entlassen.