(Foto: © Mike Focus)
Will ein US-Einwohner eine Finanzierung beantragen, ist für die Bank bei der Entscheidung darüber der sogenannte Kreditscore ein wichtiges Kriterium – ein mit der Sozialversicherungsnummer des Kunden verbundener, in einem zentralen System hinterlegter Punktestand, der auf statistischen Analysen beruht und seine angenommene Kreditwürdigkeit repräsentiert.
Berücksichtigt werden dabei die Zahlungsverpflichtungen, die der Kreditnehmer eingegangen ist, und die Zahlungsmoral, mit der er diese erfüllt. Auf den Punkt gebracht: Wer viele Verbindlichkeiten eingeht und diese stets pünktlich zurückzahlt, hat einen hohen Score. Wer sie nicht oder immer verspätet zurückführt, hat einen niedrigen Score. Wer keine Verbindlichkeiten eingeht, existiert faktisch nicht im System. Aber wie wird die Bonität eines »non-resident« ermittelt, der keine Sozialversicherungsnummer hat?
Für US-Banken ergibt sich die Bonität eines ausländischen Kreditnehmers anhand von drei Punkten, kurz als »CIA« bezeichnet:
1. »Credit« – Zahlungswillen
2. »Income« – Einkommenssituation/Verbindlichkeiten/Zahlungsfähigkeit
3. »Assets« – Verfügbares Eigenkapital/Liquide Mittel
Zahlungswillen
Bei welchen Kreditinstituten unterhält der Kreditnehmer Konten? Welche Zahlungsverpflichtungen bestehen? Kommt der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nach? Als Äquivalent für den Kreditscore müssen mindestens drei Zahlungsverpflichtungen nachgewiesen beziehungsweise Referenzen von Banken und/oder Kreditkartengesellschaften aus dem Heimatland eingeholt werden. Sollte ein Kreditnehmer nicht über Geschäftsverbindungen zu drei verschiedenen Instituten verfügen, gibt es Alternativen.
Hierauf kommt es an:
• Die Geschäftsbeziehung mit dem jeweiligen Institut muss seit mindestens zwei Jahren bestehen.
• Es sollten keine negativen Vermerke beziehungsweise verspätete Zahlungseingänge bescheinigt werden.
• Etwaige Zahlungsverpflichtungen sollten konstant und wiederkehrend sein.
Zahlungsfähigkeit
Wie hoch sind die Einkünfte des Kreditnehmers? Welcher Art sind diese Einkünfte (Selbstständigkeit, Angestelltenverhältnis, Boni, Provisionen, Mieteinnahmen et cetera)? US-Banken müssen verifizieren, dass sämtliche Zahlungsverpflichtungen im vorgegebenen Maße durch die Einkünfte abgedeckt sind.
Hierauf kommt es an:
• Im Angestelltenverhältnis wird das aktuelle Gehalt zugrunde gelegt.
• Im Falle von Selbstständigkeit, Provisionen, Mieteinnahmen et cetera wird hierfür der Durchschnitt aus den beiden vorausgegangenen Kalenderjahren sowie des aktuellen Jahres bis dato errechnet. Die Selbstständigkeit beziehungsweise Einkunftsquelle muss seit mindestens zwei Jahren bestehen.
• Die Bruttoeinkünfte werden den Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Hierzu zählen die Miete oder Hypothek auf den Erstwohnsitz, die zukünftige Finanzierung in Florida (bestehend aus Zins + Tilgung + Versicherung + Grundsteuer) sowie weitere mögliche Verpflichtungen.
• Das sich daraus ergebende Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben, die sogenannte »debt-to-income ratio« oder kurz »DTI ratio«, darf je nach Bank zwischen 38 und 43 Prozent betragen.
Verfügbares Eigenkapital
Wie viel Eigenkapital ist vorhanden? In welcher Form liegt das Eigenkapital vor (liquide Mittel, Immobilien, andere Vermögenswerte et cetera)? Kann das Eigenkapital seit ausreichend langer Zeit im Eigentum des Kreditnehmers nachgewiesen werden? Die Banken stellen die Sparquote des Kreditnehmers fest und stellen sicher, dass auch Eigenkapital von seiner Seite mit eingebracht wird (um den Zahlungswillen zu stützen). Diese Nachweise beziehen sich lediglich auf 60 Tage (in wenigen Fällen auf 90 Tage).
Hierauf kommt es an:
• Das Eigenkapital sollte in einem nachvollziehbaren Verhältnis zu den Einkünften stehen.
• Das Eigenkapital sollte in ausreichender Höhe seit mindestens 60 Tagen vorhanden sein. Ausreichende Höhe bedeutet mindestens: Eigenkapitalanteil (zum Beispiel 30 Prozent) zuzüglich Kapitalbeschaffungskosten (»closing costs«) plus Reserven (»reserves«) plus Rücklagen (»escrows«) plus verbleibende Mittel für Lebenshaltungskosten und die ersten Kreditraten.
• Auch bereits geleistete Anzahlungen (»deposit«, »earnest money«, »down payment«) müssen nachgewiesen werden. Dies beinhaltetauch Eigenkapital, das bei Neubauten in Form von Grundstücken eingebracht wurde.
• Im Fall größerer Zahlungseingänge innerhalb der letzten 60 Tage muss die Herkunft der Gelder/das Korrespondenzkonto offengelegt werden.
• Überweisungen von Familienangehörigen und Freunden (innerhalb der letzten 60 Tage) gelten als Geldgeschenke und werden nur von einigen Banken akzeptiert.
Um Zeit zu sparen und sich bestmöglich auf eine anstehende Kreditprüfung vorzubereiten (am besten noch vor den Hausbesichtigungen), empfiehlt es sich, sich so früh wie möglich um ein kostenfreies »pre-approval«, eine unverbindliche Vorabqualifizierung, zu bemühen. Dabei werden die oben dargelegten drei Punkte geprüft, bevor irgendwelche Unterlagen beschafft werden müssen. Kreditnehmer, Makler und Verkäufer wissen so bereits vorzeitig, dass eine Finanzierung unter den gegebenen Umständen erfolgreich beantragt werden kann.
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der allgemeinen Information.
Über die Autorin
Kirsten Paul ist Bankkauffrau und Mortgage-Broker / Finanzierungsberaterin mit Büros in Deutschland, Telefon + 49 (6021) 458 6050, und Florida, Telefon (954) 510-1794; E-Mail info@paul-international.net