Miamis Kunstquartier Wynwood ist rasanten Veränderungen unterworfen, die nicht nur seine Wandbilder betreffen. (Foto © EQRoy/Shutterstock.com)
Neben 143 Wohneinheiten, darunter auch einige Lofts, soll der im Kunstviertel Wynwood geplante Gebäudekomplex nach Angaben der Miami New Times 2230 Quadratmeter an Einkaufsflächen umfassen. Laut einer von Diesel-Gründer Renzo Rossi veröffentlichten Erklärung handelt es sich bei "Diesel Living" um "das erste echte Konzept modernen Wohnens einer Fashion-Marke", das "den Lebensstil der heutigen jungen Generation" widerspiegele. Projektpartnerin des Modekonzerns ist die in Miami beheimatete Bel Investment Group. Mit dem Vorverkauf der Wohnungen soll im ersten Quartal 2019 begonnen werden, ein Fertigstellungsdatum wurde aber noch nicht bekanntgegeben.
Von Designikonen und Luxus-Marken gestaltete Wohnanlagen sind mittlerweile zwar bereits ein alter Hut – neben den in verschiedenen Städten errichteten Apartmenttürmen von Versace, Giorgio Armani und Bulgari sind hier auch die von Karl Lagerfeld gestalteten Estates at Acqualina zu nennen, die bis 2020 in Sunny Isles Beach entstehen sollen. Die Kombination einer Wohnanlage mit einem bekannten Namen bietet aber gerade in einer Stadt wie Miami immer wieder die Möglichkeit, aus den zahllosen Bauprojekten herauszustechen und über die Identifizierung mit einem Markenimage das Interesse einer bestimmten Klientel zu wecken. Freilich handelt es sich bei Apartmentkäufern speziell im hohen Preissegment auch hier nicht immer um Designenthusiasten und Fans eines bestimmten Lifestyles. So machten in Verbindung mit dem Porsche Design Tower in Sunny Isles Beach in jüngster Zeit polizeiliche Untersuchungen zu mutmaßlicher Geldwäsche Schlagzeilen, von denen auch hohe staatliche Vertreter Venezuelas betroffen waren, die große Geldsummen aus dem von einer Wirtschaftskrise und politischen Unruhen geplagten Land nach Südflorida geleitet haben sollen.
Derweil schreitet mit dem neuen Bauprojekt die Gentrifizierung Wynwoods weiter voran. Ursprünglich ein von Lagerhallen und Modezulieferern geprägtes Industriegebiet, entwickelte es sich vor einigen Jahren zum quirligen Kreativviertel. Der dadurch bedingte Hype ließ das einstige Arme-Leute-Quartier zu einem begehrten Wohngebiet werden und führte dazu, dass soziale Treffpunkte und Freiflächen wie der von verschiedenen Restaurants und Imbissen genutzte Wynwood Yard und das unabhängige Kino O Cinema von Immobilienentwicklern aufgekauft wurden und wohl bald Apartments weichen werden. Seit 2015 das Verbot des Baus von Hochhäusern im Viertel aufgehoben wurde, wuchsen hier bereits einige neue Wohntürme in die Höhe, sodass Wynwood sich immer mehr in eine Erweiterung des nördlich gelegenen Design District verwandelt. Angesichts der Tatsache, dass für breitere Bevölkerungsschichten bezahlbarer Wohnraum in Miami generell immer knapper wird, fürchten mittlerweile auch die Bewohner des angrenzenden Little Haiti, dass ihrem Viertel ein ähnliches Schicksal drohen könnte. Da Wynwood zu 25 Prozent Eigentum des Milliardärs Moishe Mana ist, der hier die Errichtung einer "Mikrocity" plant, ist allerdings schon seit längerer Zeit klar, dass das Quartier nicht ewig ein Kunstviertel bleiben wird.