US-Botschaft, Berlin
Stellt inzwischen wieder zunehmend mehr Visa aus: die US-Botschaft in Berlin. (Foto © ThomasAFink/Shutterstock.com)
Mit den durch die Corona-Pandemie bedingten Einreisebeschränkungen in die USA wurden im Juni dieses Jahres auch Beschränkungen im Hinblick auf die von den US-Botschaften ausgestellten Visa erlassen. Infolgedessen kam die Visaausstellung so gut wie zum Erliegen. Mittlerweile wurde aber eine Reihe von Ausnahmen beschlossen, sodass der Betrieb in den Botschaften sich für einige Visumskategorien sogar wieder weitgehend normalisiert hat. Diese Lockerungen wurden teils von der US-Regierung selbst eingeführt, teils aber auch durch Gerichtsentscheidungen und einstweilige Verfügungen erzwungen. Fast täglich kommen neue Änderungen hinzu. Im Folgenden ein Überblick zum aktuellen Stand.
Nach langem Hin und Her werden Studentenvisa der Kategorien F-1, J-1 und M-1 nun uneingeschränkt wieder ausgestellt, auch eine besondere Einreisegenehmigung ("National Interest Exception", NIE) ist nicht mehr nötig. J-1-Visa werden nicht nur an Studenten, sondern auch an Au-pairs, Wissenschaftler und Praktikanten vergeben. Ebenfalls ausgestellt werden die Handels- und Investorenvisa E-1 und E-2. Für die direkte Einreise aus dem Schengenraum wird zwar eine Sondergenehmigung benötigt, die Entscheidung darüber wird aber gleich beim Visumsinterview getroffen. Auch an Ehepartner und unter 21-jährige Kinder von US-Staatsangehörigen und Greencard-Haltern werden weiterhin Einwanderungsvisa vergeben. Bis mindestens zum 31. Dezember 2020 werden die Botschaften aber keine Einwanderungsvisa für andere Familienmitglieder ausstellen. Neben den Eltern und Geschwistern können also auch erwachsene Kinder von US-Bürgern einstweilen nur darauf hoffen, 2021 ein Einwanderungsvisum zu erhalten.
Soweit die klaren Vorgaben. Bei den anderen Visumskategorien ist die Lage etwas komplizierter: Hier gilt ein grundsätzliches Nein, von dem es aber zahlreiche Ausnahmen gibt. Letztere betreffen vor allem die H-1B- und L-1-Arbeitsvisa. Aufgrund der jüngsten Gerichtsentscheidung in dieser Sache sollten in allen Botschaften eigentlich wieder H-1B- und L-1-Interviewtermine zur Verfügung stehen, sodass es nicht mehr der Genehmigung eines Nottermins bedarf. Dies ist jedoch bisher noch nicht einheitlich der Fall. Derzeit werden etwa in Deutschland H-1B- beziehungsweise L-1-Visa nur in folgenden Fällen ausgestellt:
- H-1B-Arbeitsvisa werden an Arbeitnehmer ausgestellt, die im Bereich der allgemeinen Gesundheitsversorgung oder Corona-Forschung tätigt sind. Auch Angestellte von Regierungsbehörden oder regierungsnahen Organisationen können ein H-1B erhalten. Des Weiteren werden L-1B- ebenso wie L-1A-Visa an Angestellte vergeben, die ihre bereits genehmigte Anstellung in den USA beim selben Arbeitgeber fortsetzen möchten, sofern die Nicht-Weiterbeschäftigung für diesen erhebliche Nachteile hätte.
- L-1-Arbeitsvisa aufgrund einer Versetzung in die USA werden ebenfalls ausgestellt, wenn der Antragssteller etwa in der Corona-Forschung oder anderen Bereichen tätig ist, die von öffentlichem Interesse sind.
- L-1A-Visa für die Eröffnung einer neuen Zweigstelle in den USA werden grundsätzlich nicht genehmigt. Eine Ausnahme besteht aber, wenn der Antragssteller ein leitender Angestellter ist, der mindestens zwei der folgenden drei Anforderungen erfüllt: Er hat mehrere Jahre mit dem Unternehmen in Übersee verbracht; er verfügt über ein wesentliches Wissen und Know-how, sodass er nur durch eine umfangreiche Schulung durch einen neuen Mitarbeiter ersetzt werden könnte, was für den Arbeitgeber eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen würde; oder es besteht im Unternehmen ein geschäftlicher Bedarf nach diesem Mitarbeiter, um seine kritische Infrastruktur aufrechterhalten zu können. Handelt es sich um ein US-Unternehmen, muss es mindestens fünf US-amerikanische Angestellte beschäftigen.
- Ehegatten und Kinder von Angestellten mit H-1B- oder L-1-Visum können ebenfalls ein Visum und eine Sondergenehmigung zur direkten Einreise erhalten, nachdem das Hauptvisum ausgestellt wurde.
Die oben genannten Bedingungen können sich allerdings in den nächsten Tagen bereits wieder ändern, sodass die Ausstellung von H-1B- und L-1-Visa möglicherweise erheblich erleichtert wird.
K-1-Verlobtenvisa werden dagegen weiterhin nur ausgestellt, wenn für den Antragsteller eine der folgenden Ausnahmen gilt: Er arbeitet in einem Bereich, der von öffentlichem Interesse ist, er hat Kinder unter 21 Jahren, die die US-Staatsangehörigkeit besitzen, oder die beziehungsweise der Verlobte in den USA befindet sich in einer gesundheitlichen oder finanziellen Notlage.
Eine neue Einreisegenehmigung via ESTA kann zwar beantragt werden, ihr Erhalt führt aber nicht zu einer unverzüglichen Einreiseerlaubnis. Aus dem Schengenraum führt eine ESTA-Genehmigung, die zur direkten Einreise berechtigt, nur dann auch tatsächlich zur Einreise, wenn sie bereits vor dem Erlassen der Einreisebeschränkungen ausgestellt wurde. B-2-Touristenvisa werden derzeit in den deutschen Botschaften prinzipiell nicht ausgestellt, weil eine Einreisesondergenehmigung für Touristen nicht möglich ist. Sollte der Antragssteller sich für eine Sondergenehmigung qualifizieren, kann er aber natürlich einen entsprechenden Antrag stellen. Die Genehmigung liegt dabei stets im Ermessen des bearbeiteten Beamten in der Botschaft.
Seit dem 1. Oktober 2020 können Geschäftsreisende via ESTA oder mit einem B-1-Visum mittels einer Sondergenehmigung auch direkt aus dem Schengenraum wieder in die USA einreisen, B-1-Geschäftsreisevisa können also auch wieder beantragt werden.
Der Flickenteppich aus Verboten, Einreisemöglichkeiten und Sondergenehmigungen wird noch eine Weile weiterbestehen, aber die Anzahl der Ausnahmegenehmigungen wächst und lässt hoffen, dass sich im Hinblick auf die Visavergabe und die Einreise in die USA bald wieder Normalität einstellt.
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich zur allgemeinen Information.
Sabine Weyergraf ist zugelassene Rechtsanwältin in New York und praktiziert in ihrer eigenen Rechtsanwaltskanzlei Weyergraf Immigration in Sarasota, Florida. Telefon (941) 706-4102, E-Mail sabine@weyergrafimmigration.com