Dieses Haus in Cape Coral am Kanal wurde 2015 für 200.000 Dollar gekauft und für 100.000 Dollar renoviert. Ein Jahr später wurde das Objekt für 369.000 Dollar wieder verkauft. (Foto: © Camey Propertys)
Viele Käufer entscheiden sich in der Folge für einen Neubau, um keine Kompromisse eingehen zu müssen. Aber angesichts steigender Grundstückspreise und Baukosten ist auch dies nicht unbedingt eine Alternative für jeden. Im Fall von Schnäppchen dagegen, seien es nun »short sales«, »foreclosures« oder auf den ersten Blick schlicht unattraktive Objekte, sind oft erhebliche Umbau- und Renovierungsmaßnahmen nötig, um aus einem hässlichen Immobilien-Entlein einen schönen Schwan zu machen.
Vergilbte Teppiche, klapprige alte Fenster, 70er-Jahre-Kacheln im Bad? Wer hier keine Fantasie besitzt, ist von so einem antiquierten Äußeren schnell abgestoßen. Gerade Europäer haben meist nicht den Mut, ein Haus zu kaufen, in das man noch einiges an Geld und Arbeit stecken muss. Vor allem dann, wenn sie nicht wochenlang vor Ort präsent sein können, um die gesamten Umbauarbeiten zu überwachen.
Dabei kann die Modernisierung einer betagten und optisch nicht mehr ganz taufrischen Immobilie durchaus eine lohnenswerte Alternative zum teuren Neubau sein. Ein unattraktives Äußeres sollte einen niemals grundsätzlich davon abhalten, den Kauf eines Hauses oder Apartments in Erwägung zu ziehen – so denn die Grundsubstanz in Ordnung ist. Oft kann man schon durch kleine Veränderungen große Wirkung erzielen. Ob fehlender Pool, schäbiges Badezimmer, verwohnte Schlafzimmer oder ein Wohnzimmer mit dem Charme eines Beerdigungsinstituts: Es gibt nichts, was sich nicht auf Vordermann bringen ließe.
Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, Genehmigungen (»permits«) werden in der Regel zügig von der jeweiligen Stadt erteilt. Aus dem verschachtelten Bungalow mit Großvater-Appeal wird so schnell ein lichtdurchflutetes Schmuckstück mit offenem, modernem Wohnkonzept. Umbauen und Renovieren ist in Florida viel einfacher als in Deutschland. Die Häuser sind anders aufgebaut, die meisten einstöckigen Gebäude haben keine tragenden Innenwände, da die Dachkonstruktion auf den Außenwänden aufliegt. Und die Innenwände sind gewöhnlich aus Holz- oder Metallrahmenkonstruktionen und Rigips. Das gibt Bauherren viele Möglichkeiten, Veränderungen an ihrem Haus vorzunehmen, damit es am Ende doch perfekt wird.
Warum also nicht das Augenmerk auf Häuser und Wohnungen werfen, die auf den ersten Blick dem Durchschnittskäufer nicht gefallen, da sie nicht ansprechend sind und renoviert werden müssen? Man muss ja nicht gleich zum »house flipping« übergehen, wie es zur Zeit des Immobilienbooms 2006 berüchtigt war und später in der Reality-TV-Show »Flip or Flop« auf HGTV zum Volkssport gemacht wurde. Das Prinzip: Man suche sich eine heruntergekommene Immobilie und kaufe sie. Hier gilt das Motto: »Buy the ugliest house on the block«. Danach wird das Haus renoviert und mit möglichst großem Profit wieder verkauft. Doch auch wenn man beim Kauf eher an seine ei-gene Traumresidenz in Florida denkt als an schnelle Profite, befindet man sich derzeit allemal in guter Gesellschaft mit einer ständig wachsenden Zahl von Immobilienkäufern, die mit Kauf, Renovierung und einem eventuellen späteren Verkauf durchaus viel Geld verdienen können. Das »house flipping« feiert derzeit wieder Konjunktur.
Um nicht missverstanden zu werden: An dieser Stelle soll keineswegs zum »Flippen« animiert werden. Das Rezept hört sich einfach an, die Gefahren sollten jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Etwa versteckte Mängel, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind und die Renovierung erheblich verteuern können. Oder eine Überbezahlung des erworbenen Objekts, die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten im Hinblick auf die fachgerechte Renovierung und die Unterschätzung der Material- und Arbeitskosten.
Wenn es allerdings gelingt, nach eingehender Beratung mit einem erfahrenen Makler vor Ort und der technischen Inspektion durch einen Sachverständigen ein Objekt zu erwerben, das auf den ersten Blick nicht gerade mit Schönheit glänzt, aber in seiner Substanz solide ist und Potenzial hat, und man diesem mit einer zuverlässigen Crew von Handwerkern, einem überschaubaren Budget und einem realistischen Zeitplan einen deutlichen Facelift verpassen kann, lässt sich auf diese Weise nicht nur der Immobilientraum in Florida erfüllen, sondern dabei möglicherweise auch – sollte es irgendwann doch zum Verkauf kommen – ein schöner Gewinn realisieren. Denn ein perfektes Objekt kauft halt jeder gern...
Über den Autor
Gerhard Jakobeit ist Realtor bei der RE/MAX Realty Group in Fort Myers.
Telefon (239) 677-7057; E-Mail: info@jakobeit.com