Die Steinkorallenart "Lophelia pertusa"
Zu den das kürzlich beschriebene Kaltwasserriff bildenden Korallen zählt auch die Steinkorallenart "Lophelia pertusa". (Foto © NOAA Office of Ocean Exploration and Research, Windows to the Deep 2019)
Die Ergebnisse der von verschiedenen Universitäten und Institutionen wie der National Oceanic and Atmospheric Administration Ocean Exploration im Laufe mehrerer Jahre durchgeführten Studie wurden im MDPI-Open-Access-Magazin Geomatics veröffentlicht. Sie widerlegen die jahrelang gehegte Annahme, dass das sogenannten Blake Plateau im westlichen Atlantik größtenteils aus weichem Sand bestehe und daher nur eine relativ geringe Dichte an Organismen aufweise. Bereits in der Vergangenheit hatten Untersuchungen ergeben, dass es in dieser Region insbesondere in flacheren Gewässern näher an der Küste auch Korallen gibt, doch die tatsächliche Größe dieser Habitate und ihre Verbindungen untereinander waren den Wissenschaftlern bislang unbekannt.
Die Ränder des Riffs liegen zwischen rund 56 und 121 Kilometer vor der Küstenlinie. Sein größter Teil befindet sich an einem Ort, der von den Forschern "Million Mounds" getauft wurde. Er besteht vor allem aus einer Steinkorallenart, die für gewöhnlich in Tiefen zwischen 200 und 1000 Metern vorkommt, wo die Wassertemperatur bei etwa 4 Grad liegt. Da das Sonnenlicht nicht in diese Wassertiefe vordringt, verfügen diese Kaltwasserkorallen nicht wie ihre Verwandten in flacheren Gewässern über symbiontische Algen (sogenannte Zooxanthellen), die sie durch die von ihnen betriebene Photosynthese mit Sauerstoff und Glucose versorgen. Stattdessen sind sie darauf angewiesen, ihren Stoffwechsel allein mit dem Filtern von biologischen Partikel wie Kleinstlebewesen aus dem Wasser in Gang zu halten. Über die genaue Biologie dieser Tiefseekorallen, deren Rolle als Ökosystemerschaffer für viele andere Organismen nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, ist bislang wenig bekannt.
Durch die genaue Kartierung des Riffs, die durch 30 Seitensichtsonarvermessungen und 23 Tauchgänge in einem Unterwasserfahrzeug ermöglicht wurde, konnten die Forscher insgesamt 83.909 Korallenhügel identifizieren. Die von den Tieren besiedelte Region erstreckt sich über eine Länge von bis zu 500 und eine Breite von bis zu 110 Kilometern. Das Kernareal mit der höchsten Dichte von Korallenhügeln ist bis zu 254 Kilometer lang und 42 Kilometer breit.