Mississippi-Alligator
Faszinierend, imposant und durchaus nicht ungefährlich: ein Mississippi-Alligator in den Everglades (Foto © Andrea Izzotti/Shutterstock.com)
Laut einem Bericht des Sun Sentinel ging die 85-jährige Gloria Serge am Montag vergangener Woche mit ihrem kleinen Hund tagsüber am grasbewachsenen Ufer eines Tümpels in einem Vorort von Fort Pierce spazieren, als sich ihnen plötzlich ein an der Wasseroberfläche schwimmender Alligator in zügigem Tempo näherte, aus dem Wasser schnellte und sie attackierte. Während es dem Hund gelang zu entkommen, wurde seine Besitzerin von dem rund 3,4 Meter langen, über 270 Kilo schweren Reptil getötet, das später eingeschläfert wurde.
Obwohl es im Sunshine State etwa 1,3 Millionen Mississippi-Alligatoren gibt und er mit rund 21 Millionen menschlichen Einwohnern gut besiedelt ist, sind solche dramatischen Zusammentreffen zwischen den beiden Spezies zum Glück eine große Ausnahme. Zwischen 1948 und 2021 kam es laut den offiziellen Zahlen der Florida Fish and Wildlife Conversation Commission (FWC) lediglich 442 Mal vor, dass Menschen von Alligatoren gebissen wurden, ohne die Tiere zuvor in irgendeiner Weise dazu provoziert oder verleitet zu haben. Bei 26 dieser Angriffe wurden die Menschen tödlich verletzt. Im Schnitt kam also alle drei Jahre ein Mensch bei einem unbeabsichtigten Zusammentreffen mit einem Alligator ums Leben. Im Hinblick auf die andere im Sunshine State heimische Krokodilart, das Spitzkrokodil, dessen Population nur etwa 2000 Tiere umfasst, sind solche Ereignisse noch weitaus seltener.
Um derartige Begegnungen gleichwohl möglichst zu vermeiden und, sollte es doch dazu kommen, sie heil zu überstehen, sind folgende Dinge zu beachten:
- Generell kann man in jedem Brack- oder Süßgewässer in Florida auf Alligatoren treffen. Da die Tiere auf der Suche nach für sie geeigneten Habitaten auch über Land wandern, müssen diese Gewässer nicht mit Flüssen oder großen Seen verbunden sein.
- Um Alligatoren nicht anzulocken und an Menschen zu gewöhnen, dürfen sie auf keinen Fall gefüttert werden. Dies ist daher in Florida gesetzlich verboten und wird mit einer Geldstrafe geahndet. Insbesondere Fischabfälle sollten nicht in Müllbehältern nahe Bootsrampen oder anderswo in der Nähe von Gewässern entsorgt werden.
- Alligatoren gehen für gewöhnlich bei Dämmerung und nachts auf die Jagd. Wie die tragische Geschichte der 85-jährigen Hundehalterin zeigt, bedeutet dies allerdings nicht, dass sie bei Tageslicht keine Gefahr darstellen.
- Erwachsene Menschen zählen aufgrund ihrer Größe nicht zum normalen Beutespektrum der Krokodile, wohl aber Kinder und kleinere Haustiere. Daher sollte man besonders darauf achten, dass diese nicht zu nah an Gewässer herangehen, in denen Alligatoren leben könnten. Auf der Website der FWC wird gewarnt, dass die Geräusche spielender oder bellender Hunde Alligatoren anlocken können.
- Auch als Erwachsener sollte man sich nicht an den Rand eines Gewässers hocken: Da die Körpergröße dadurch geringer erscheint, könnten Alligatoren sich zu einem Angriff ermutigt fühlen. Außerdem läuft man dadurch Gefahr, beim Versuch, vor einem plötzlich auftauchenden Krokodil zu fliehen, ins Stolpern zu geraten.
- Was das Fliehen vor einem angreifenden Reptil angeht, wird mitunter dazu geraten, sich im Zickzackkurs zu bewegen. Dr. Benjamin Abo, ein Experte für medizinische Notfälle in der Wildnis, der sich mit der Behandlung von Alligatorbissen auskennt, rät dagegen dazu, einfach so schnell wie möglich wegzurennen. Beim Zickzack-Laufen bestehe die Gefahr, auszurutschen oder sich den Fußknöchel zu verrenken. Im Übrigen solle man sich nicht nur vor dem Maul, sondern auch vor dem sehr kräftigen Schwanz der Tiere in Acht nehmen, mit dem sie ihre Beute schlagen und zu Boden stoßen könnten.
- Falls man von einem Alligator angefallen wird, sollte man, sofern man es nicht schafft, seinen Kopf anzuheben, ihm die Finger in die Augen stoßen. Falls man eine Stock oder Stab zur Hand hat, kann man auch versuchen, ihm damit in den Hals zu stechen. Alle anderen Körperstellen der Echsen sind gepanzert, sodass sie dort kaum Schmerzen empfinden. Falls der Alligator beim Zubeißen eine rollende Bewegung macht, soll man sich laut Abo in gleicher Weise bewegen. Im Übrigen sei es das Beste, dem Tier so viel Widerstand wie möglich entgegenzusetzen und dabei möglichst viel Lärm zu machen.
- Wer von einem Alligator gebissen worden ist, sollte die Blutung möglichst schnell abschnüren und sich sofort medizinische Hilfe holen. Da im Rachenraum der Echsen Bakterien leben, die sich von Fleisch ernähren und gegen die oral verabreichte Antibiotika wirkungslos sind, kann laut Abo jeder noch so geringfügig erscheinende Biss gefährlich sein.
Wer sich durch einen Alligator bedroht oder belästigt fühlt, findet auf der Website der FWC die Telefonnummer der "Nuisance Alligator Hotline", über die ein Termin mit einem Alligatorenjäger vereinbart werden kann. Als "Belästigung" ("nuisance") gilt ein Krokodil, das mindestens 1,2 Meter lang ist und eine potenzielle Bedrohung für Menschen, Haustiere oder Grundbesitz darstellt.