Florida: Nicht nur in Sachen Tourismus ganz vorne dabei. (Foto: © Jacek Dudzinski)
AM ANFANG DER GESCHÄFTSIDEE von Robert Klemm und Teresa Gail Sosby stand ein Kompromiss. »Meine Frau zog es nach Italien, ich wollte in Miami bleiben«, erklärt Klemm den Einfall, mit dem italienisch inspirierten Amore Gelato Art Caffè einen Hauch Europa nach Südflorida zu bringen. Viele Jahre blieb die Idee ein Traum. Doch irgendwann beschlossen der aus Deutschland stammende Fotograf und die in Amerika geborene Anwältin, sie endlich in die Tat umzusetzen.
Ein Jahr lang suchten die beiden, um den richtigen Standort für ihr Eiscafé zu finden. Schließlich übernahmen sie ein ehemaliges französisches Bistro in Coral Gables und wandelten es nach ihrem Geschmack um. »Wir ließen ein paar gut gehende Specials auf der Karte, um die Stammkunden zu behalten«, erklärt Teresa, die sich um die leckeren Salate, Suppen und Panini kümmert, während Robert aus rein organischen Zutaten handgerührtes Eis herstellt.
Und so blicken – von Präsident Kennedy über Lady Gaga bis hin zu tibetanischen Mönchen – heute Eis schleckende Promis und Persönlichkeiten von den frischgetünchten Wänden: über Jahre hinweg von Klemm auf Auktionen erstandene Originalfotografien, die er für sein Eiscafé zu Collagen zusammengestellt hat. Dazwischen finden sich eigene Porträts, fotografische Impressionen von den gemeinsamen Italienreisen oder aus Klemms Buch »Landscapes of Coral Gables«. Schon bald sollen auch andere Fotografen und Künstler während der »Coral Gables Gallery Nights« ausgestellt werden. Und wenn der Laden einmal läuft, will sich das Paar zusätzlich einen transportablen Eiswagen zulegen.
Anders als für die innovativen Gelatieri machen für viele deutsche Unternehmer in Florida die eigenen Landsleute einen Großteil der Klientel aus. Das gilt vor allem auch für Immobilienmakler und Vermietungsunternehmen, die sich insbesondere in Südwestflorida sowie in Fort Lauderdale und Miami auf deutsche Hauskäufer und Feriengäste spezialisiert haben. So wie zum Beispiel Marco Wischmeier mit seiner Firma Wischis Florida Home. »Dabei hätte ich mir nie träumen lassen, einmal eine Ferienhausvermietungs- und Hausverwaltungsgesellschaft in Florida zu betreiben«, gibt der umtriebige Unternehmer zu. Florida hatte der Marketingprofi bei einem Urlaub mit seiner Frau 1990 für sich entdeckt. Mit der Familie wuchsen dann auch die Träume: Aus dem Disney-Timeshare wurde das erste eigene Ferienhaus, und nach der Immobilienkrise 2006 schlugen die Wischmeiers gleich noch einmal zu. »Wir sahen das als gute Investition«, erklärt er.
Das Ehepaar hatte allerdings nicht geahnt, wie schwierig es sein würde, verlässli- che Hausverwalter zu finden, wenn man selbst auf der anderen Seite des Atlantiks lebt. »Wir waren da sehr blauäugig«, gibt Wischmeier zu. »Viele schreiben sich ihre angeblichen Qualifikation hier einfach nur auf die Visitenkarte.« Er musste die Erfahrung machen, dass Property-Manager vor Ort sich nur die Sahnehäubchen herauspickten und die Häuser meist nur zur Hochsaison vermieteten. Außerdem beschwerten sich viele der Gäste, weil die Objekte nicht wirklich sauber waren.
2009 hatten die Wischmeiers genug und gründeten ihre eigene Firma, um ihre Fe- rienhäuser zu vermieten – zunächst von Deutschland aus. Es dauerte nicht lange, bis auch andere deutsche Ferienhausbesitzer die Wischmeiers um Hilfe baten.
»2010 hatten wir dann schon zwölf Häuser im Angebot.« Und als die Tochter ihr Abitur in der Tasche hatte, packte die Familie kurzerhand ihre Koffer und zog nach Cape Coral. Seit- dem floriert das Unternehmen: Wischis Flo- rida Home beschäftigt mittlerweile 10 Angestellte und unterhält 47 Ferienhäuser, die sehr gut ausgebucht sind.
Auch der Versicherungsmakler Rudi Reiterer hatte anfangs sehr viele deutschspra- chige Kunden. Seit vier Jahren ist er nun mit der Lions Group International of SWFL selbstständig – und langsam hat sich das Verhältnis Deutschsprachige/sonstige Amerikaner bei 50:50 eingependelt. Die Zusammenarbeit mit Hausvermietern und Immobilienmaklern, auch deutschen, sei für ihn weiterhin wichtig. Seinen größten Vorteil sieht Reiterer jedoch darin, allen Kunden am gleichen oder spätestens am nächsten Tag zu antworten. »Das habe ich von meinem Vater gelernt, der im Gastgewerbe tätig war.«
Seine Eltern waren es auch, die Reiterer vor mehr als zehn Jahren nach Florida lockten. Anfangs übernahm er den Betrieb ihres Bistros in Fort Myers. Dann versuchte er sein Glück als Immobilienmakler, doch die große Immobilienkrise macht ihm einen Strich durch die Rechnung. »Also habe ich mich auf Versicherungen spezialisiert. Denn die braucht man immer, in guten wie in
schlechten Zeiten.« Natürlich hätte Reiterer, der neben Deutsch und Englisch auch Italienisch und Spanisch spricht und einen Abschluss in internationaler Wirtschaft hat, auch in Deutschland gute Berufschancen gehabt. Aber der Sunshine State hatte es ihm angetan – »und es hat ja dann auch geklappt«. Neben seiner Frau und ihm sind bei der Versicherungsagentur Reiterer heute vier Mitarbeiter angestellt.
Während das Unternehmen Kallis European Specialties in Port Charlotte seinen Kunden schon seit 1985 deutsche Wurst und Fleischspezialitäten anbietet und längst eine feste Stammkundschaft hat, steht die Reiseführerin Caren Tautz-Kopania noch ganz am Anfang ihrer Karriere. Seit fast fünf Jahren führt sie deutsche Besucher durch die Everglades, vor knapp acht Monaten nun hat sich die studierte Biologin selbstständig gemacht. Tautz-Kopania kam vor acht Jahren als Frau des damaligen deutschen Pastors von Miami nach Florida und war schon bald ehrenamtlich für den National Park Service in den Everglades unterwegs. Es dauerte nicht lange, da führte sie zahlreiche deutsche Touristen auf dem Anhinga Trail an Alligatoren und anderen wilden Bewohnern Südfloridas vorbei. Heute bietet sie über ihr kleines Familienunternehmen German Tours Everglades maßgeschneiderte deutschsprachige Privattouren durch Floridas Wildnis an.
»Durch meine Erfahrung als Guide wusste ich, dass es jede Menge Nachfrage gibt. So habe ich meine Nische gefunden«, sagt die Naturexpertin. Das Geschäft laufe gut, allerdings noch nicht gut genug, um ein Team fürs Marketing anzustellen. Und so kam zu den Naturtouren und den Behördengängen noch das Abenteuer Social Media hinzu. Jetzt ist sie von Facebook über Google bis YouTube überall vertreten.
WICHTIGER WIRTSCHAFTSFAKTOR
Für die meisten Europäer symbolisiert Florida den Traum vom entspannten Urlaub. Für andere ist der Sunshine State nicht nur Destination für die schönsten Wochen des Jahres, sondern neuer Lebensmittel- punkt – und in vielen Fällen auch Arbeitsplatz. Etwa 250 deutsche Firmen haben sich hier niedergelassen, die großen Konzerne zumeist in Südflorida an der Atlantikküste. Das Magazin »Chief Executive« bestätigt, dass Florida nicht nur in Sachen Tourismus ganz vorne mit dabei ist, sondern inzwischen auch in Wirtschaftsbe- reichen wie Hightech, Luftfahrt, Pharmaindustrie, medizinische Geräte, Biotechnologie, Logistik, erneuerbare Energie, Finanzen sowie Informations- und Kommuni- kationstechnologie. Die in Florida ansässigen deutschen Firmen repräsentieren laut der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer ein Investitions- volumen von mehr als vier Milliarden Dollar und sorgen für mehr als 20.500 Arbeitsplätze.
ADRESSEN
Amore Gelato Art Caffè
German Tours Everglades
www.deutsche-touren-everglades.com
Wischis Florida Home
Rudolf Reiterer Lions Group International of SWFL
Kallis European Specialties
www.facebook.com/pages/ Kallis-European-Specialties
Hatecke Service
German American Business Chamber