Wohin geht der US-Dollar? (Foto: © Darko Novakovic)
Wie konjunkturelle Dynamik zeigte im Jahresverlauf 2006 in den USA eine klare Abwärtstendenz – 5,6 Prozent, 2,6 Prozent und im 3. Quartal 2006 nur 2,0 Prozent. Nach 3,3 Prozent Wachstum für das Gesamtjahr 2006 erwarten wir für das laufende Jahr nur 2,2 Prozent. Dieser Trend ist ganz wesentlich auf den rückläufigen Wohnungsbau zurückzuführen. Für dieses Jahr gehen pessimistische Schätzungen für die Hauspreise von einem Rückgang um 5 Prozent aus. Damit würde das geschätzte Immobilienvermögen der US-Haushalte zwar um rund 1000 Milliarden US-Dollar sinken, im Verhältnis zum derzeitigen gesamten Nettovermögen von etwa 55.000 Milliarden US-Dollar relativiert sich der Rückgang aber.
Auch der jetzige Zyklus scheint wieder zu bestätigen, dass Schwankungen des Vermögens für das Konsumverhalten und damit die Konjunktur erheblich weniger wichtig sind als die Einkommensentwicklung. Diese hat zuletzt positiv überrascht, die Wachstumsraten bei den Löhnen und Gehältern profitieren von der niedrigen Arbeitslosenquote und der hohen Kapazitätsauslastung in der Industrie. Außerdem hat der Rückgang der Energiepreise seit August 2006 das für Konsumzwecke zur Verfügung stehende verfügbare Einkommen um über 100 Milliarden US-Dollar erhöht. Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich bis zuletzt verbessert, die Arbeitslosenquote ist mit 4,5 Prozent an einem zyklischen Tiefststand angelangt. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die »Job-Maschine« US-Volkswirtschaft weit produktiver ist, als bisher von den meisten Marktteilnehmern für diesen Zyklus unterstellt wurde.
Abgerundet wird das »Soft-Landing-Szenario« der US-Wirtschaft durch ein hohes Wachstum bei den Exporten und Investitionen. Die hohe Kapazitätsauslastung macht mittlerweile vermehrt Erweiterungsinvestitionen notwendig, sodass die Investitionen insgesamt um fast 10 Prozent in diesem Jahr wachsen sollten. Die hohe Steigerungsrate der Exporte während der vergangenen zwölf Monate ist vor allem auf das starke globale Wachstum zurückzuführen.
Die weitere Entwicklung des US-Dollars bereitet vielen Investoren trotz dieses konstruktiven Szenarios und der schon mehrjährigen Baisse allerdings Sorgen. Die USA verzeichnen mit 850 Milliarden US-Dollar weiterhin ein erhebliches Leistungsbilanzdefizit (etwa 6,5 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts), dem hohe Überschüsse in Asien (vor allem in China und Japan) und in den Rohstoff produzierenden Ländern (zum Beispiel OPEC) gegenüberstehen. Insofern besteht der Abwertungsbedarf des Dollars weniger im Verhältnis zum Euro als gegenüber den asiatischen Währungen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass der US-Dollar aufgrund der erheblichen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte auch gegenüber dem Euro eine Abwertungstendenz zeigt.
Wir erwarten bis zum Jahresende eine weitere leichte Abschwächung des US-Dollars gegenüber dem Euro, wobei diese aber kaum über einen US-Dollar/Euro-Kurs von 1,37 hinausgehen sollte. Einem stärkeren Verfall steht die aktuelle Tendenz eines sich stabilisierenden Leistungsbilanzdefizits entgegen, gestützt durch einen nachlassenden Importsog und fallende Energiepreise. Die Stärkung des Wachstums in Europa und Asien durch eine höhere Binnennachfrage verschafft dem US-Dollar ebenfalls eine gewisse Entlastung. Auch das derzeit höhere Zinsniveau in den USA stellt eine gewisse Stabilisierung für den US-Dollar dar. Für ausländische Investoren, die beispielsweise das US-Dollar-Risiko ihrer erworbenen Immobilie langfristig reduzieren wollen, ist auch die Refinanzierung auf Dollarbasis eine Möglichkeit, sich von den Wechselkursschwankungen weniger abhängig zu machen.
Über den Autor:
Kontakt: Hans Henrik Grosboel ist bei der BHF-BANK AG (Schweiz) für
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