Säulenkorallenstock im Florida Reef (Foto © KGrif/Shutterstock.com)
Das einige Meilen vor den Florida Keys im Atlantischen Ozean liegende Florida Reef ist mit einer Ausdehnung von etwa 6,5 Kilometern das drittgrößte Korallenriffsystem der Welt und besitzt als Heimat und Nahrungsquelle zahlreicher Meeresorganismen eine kaum abzuschätzende ökologische Bedeutung. Umweltverschmutzung, die durch den Klimawandel bedingte Erwärmung des Meeres und der daraus resultierende Stress, der die Tiere auch anfälliger für Krankheitserreger macht, haben auch hier in den zurückliegenden Jahren zum Absterben großer Korallenbestände geführt.
Angesichts dieser dramatischen Entwicklung rief das Florida Aquarium in Tampa gemeinsam mit dem Londoner Horniman Museum das "Project Coral" ins Leben, in dessen Rahmen Wissenschaftler der beiden Institutionen nach Möglichkeiten suchen, Korallen im Labor nachzuzüchten, um so die abgestorbenen Teile des Riffs wiederzubeleben. Wie CNN berichtet, ist den Forschern dabei nun ein nach ihren Worten "historischer" Durchbruch gelungen: Erstmals gelang es, Korallen im Labor dazu zu bringen, sich zwei Tage in Folge zu vermehren. Es war das erste Mal überhaupt, dass atlantische Korallenarten in Gefangenschaft zur Fortpflanzung gebracht werden konnten.
Nachdem die Wissenschaftler ihre Forschungsarbeiten zunächst an der Kleinpolypigen Steinkoralle (Acropora cervicornis) durchgeführt hatten, konzentrierten sie sich schließlich auf die Säulenkoralle (Dendrogyra cylindricus). Infolge der seit 2014 im Florida Reef grassierenden sogenannten "Stony Coral Tissue Loss Disease" (SCTLD, "Steinkorallengewebeverlustkrankheit") gilt diese Steinkorallenart dort mittlerweile als fast ausgestorben, da die verbliebenen männlichen und weiblichen Korallengruppen zum größten Teil zu weit voneinander entfernt sind, um sich miteinander fortzupflanzen. Wie bei den meisten Korallenarten findet die Befruchtung der Eizellen durch die Spermien bei den Säulenkorallen im offenen Wasser statt. Laut dem Korallenexperten Keri O'Neill vom Florida Aquarium ist es gut möglich, dass in diesem Jahr das letzte Ablaichen von Säulenkorallen im Florida Reef stattgefunden hat. Der Erreger der SCTLD ist bislang unbekannt, es gilt aber als wahrscheinlich, dass es sich dabei um ein Bakterium handelt.
Nach Aussage des Florida Aquarium kamen in den Korallenzuchtbecken der Wissenschaftler modernste LED-Technik und Computerkontrollsysteme zum Einsatz, um den natürlichen Lebensraum der Tiere möglichst perfekt nachzubilden und die Korallen auf diese Weise zur Reproduktion zu animieren. Roger Germann, der Direktor des Florida Aquarium, gab sich im Interview mit CNN im Hinblick auf den Fortbestand des Ökosystems optimistisch: "Jetzt besteht wirklich Hoffnung … ich denke, wir können es retten." Die nächste Stufe des Projekts wird darin bestehen, noch mehr Zuchtbecken zu bauen, um größere Mengen von Korallenlarven (sogenannte Planula-Larven) heranzuziehen, die dann eines Tages im Riff ausgesetzt werden, damit sie sich dort festsetzen und neue Korallenkolonien bilden.