Traumrollen: Jacinda Barrett und Kyle Chandler (Foto: © Netflix Media Center)
»WE'RE NOT BAD PEOPLE, but we did a bad thing.« Nach diesem Satz des gutaussehenden Hauptdarstellers John (Kyle Chandler), "police detective" und Lieblingssohn der Hoteliersfamilie Rayburn, ahnt jeder, dass die Geschichte in Islamorada nicht gut ausgehen wird. Darüber kann auch der beharrlich glitzernde Golf von Mexiko nicht hinwegtäuschen. Und auch die unerschütterlich liebende Mum Sally (Sissy Spacek) vermag es nicht wegzulächeln. Als dann der verlorene Spross Danny (Ben Mendelsohn) anlässlich des Clantreffens zu Ehren von Patriarch Bob (Sam Shepard) auftaucht, ist die See so unnatürlich glatt und grün, als stockte selbst ihr der Atem. Und wie reagiert der unbekümmerte Jüngste Kevin?
Wer wie wir wissen will, welches Geheimnis unter dem Dach des elterlichen Bed & Breakfasts gehütet wird und warum der ambitionierten Tochter Meg (Linda Cardellini), einer renommierten Anwältin, keineswegs zu trauen ist, schaut derzeit die zehn neuen Bloodline-Episoden auf Netflix. Die erste Staffel der Thrillerserie – gedreht auf den Florida Keys– hat die Erwartungender Fans jedenfalls schon mehr als erfüllt.
Wir würden gerne berichten, dass im The Moorings Village & Spa, dem Hauptdrehort, größtenteils Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung herrscht. Aber wir können es nicht. Unter den rauschenden Bananenbäumen und den im Kolonialstil geschachtelten Holzbalken kracht es gewaltig. Völlig abgesehen von den im Sommer ohnehin ortsüblichen Gewittern, die den Himmel innerhalb von Minuten verdunkeln.
Seit 45 Jahren führt die angesehene Südstaatenfamilie Rayburn ihr traumhaft schö- nes Strandresort ebenso erfolgreich wie auf- opferungsvoll – wobei aufopferungsvoll im wörtlichen Sinne gemeint ist. Nur einer zieht eben nicht mit: Danny, schwarzes Schaf der wohlhabenden Sippe, der nach Jahren der Abwesenheit eines Tages angetrunken aus dem Fernbus wankt. Bereits am Ende der ersten Folge ist er tot, und die Rätsel, die sich um sein Ableben ranken, sind so verworren und undurchdringbar wie Floridas Mangrovensträucher. Wusste Danny zu viel von alten Familiensünden?
Bringen seine skurrilen Freunde, die in die Idylle platzen, endlich Licht ins Dunkel?
Wir haben ein paar hilfreiche Vorschläge, wie man sich vor dem Anschauen der neuen Folgen vor Ort in Florida noch schnell Bloodline-kundig machen kann. Etwa beim Lunch im Alabama Jack's. Danny ordert in seiner ersten Szene einen Fisch-Taco. Ob Sie stattdessen lieber eine Portion »Conch Fritters«, knusprig frittierte Seeschnecken bestellen, für die das Lokal am Kanal so berühmt ist, sei Ihnen überlassen. Wenn aber erst die in die Jahre gekommenen Barladys ihre nicht mehr ganz blütenweißen Tüllröckchen zur Country-Live-Musik wippen lassen, ist man schon mittendrin im schwülen Key-West-Fieber.
Das sonderbare Szenario hat etwas von Tennessee Williams' Meisterwerk »Endstation Sehnsucht«, das er 1947 in Key West vollendet haben soll. Wie heute ging es schon damals um die Gegensätze zwischen der aristokratischen Südstaatenkultur und dem neuen, echten Amerika. Noch immer herrscht das Gesetz des Dschungels, nur dass das Oberhaupt der umtriebigen Rayburns mit leichten Sommerbaumwollhosen zum Familien-Beach-Volleyballspiel aufschlägt, während Muskelmacho Marlon Brando in der Verfilmung von »A Streetcar Named Desire« 1951 hauptsächlich mit durchgeschwitzten Arbeiterhemden Eindruck auf alle Generationen machte.
Die Florida Keys bieten die ideale Kulisse für solche kontrastierenden Storys. Sonnenschein hier, dunkler Sumpf da. Mit dem Besuch eines weiteren Drehorts, des Caribbean Clubs, wollen wir der vielschichtigen Parallelwelt von Bloodline noch genauer auf die Spur kommen. Der Kellner stellt eisgekühlte Biere in geriffelten Plastikbechern vor uns hin. Ein Toast auf den tollen Meerblick! Auf einen Sundowner zieht man am besten weiter ins urige Morada Bay Beach Café. Wir sippen an einem hochprozentigen Cocktail namens »Dark & Stormy« und bohren gedankenverloren die Zehen in den Sand. »Meinst Du, Danny hatte etwas mit der Explosion auf der Luxusyacht zu tun?« Die Palmen rascheln verheißungsvoll zur Antwort, und die pastellfarbenen Holzstühlchen scheinen die geheimen Schattenseiten der Keys übertünchen zu wollen. Gelingt ihnen natürlich. Vorübergehend.
Um wieder vollends in den Bloodline-Kosmos einzutauchen, beschließen wir, am nächsten Tag im John Pennekamp Coral Reef State Park Kajak zu fahren. Bob Rayburn kriegt beim Paddeln auch immer den Kopf von den Familieneskapaden frei. Plötzlich Delfine! Ein Dutzend Tümmler springt vor uns aus dem türkisfarbenen Wasser, als wollten sie sich für eine Rolle empfehlen. Sorry Jungs, aber wir sind keine Castingagenten!
Was könnte schöner sein, als den Tag beim Barbecue am Strand ausklingen zu lassen? Bei Trading Post kaufen wir saftige Steaks, der Grill steht auf der Terrasse des Hotels bereit. Knisternde Bloodline-Lagerfeueratmosphäre inklusive.
DIE SCHAUPLÄTZE
The Mooring Village & Spa
123 Beach Road, Islamorada
Telefon (305) 664-4708
Übernachtung ab circa 330 Euro pro Person im Doppelzimmer.
Tipp: Mit sechs Personen für 2.300 Euro die Nacht den Bungalow »Blue Charlotte« buchen, in dem die Rayburns in der Serie wohnen.
Alabama Jack's
58000 Card Sound Road, Homestead
Telefon (305) 248-8741
www.facebook.com/pages/Alabama-Jacks-Key-Largo-FL/179175785438865
Wochentags 11 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 22 Uhr, So 11 bis 20 Uhr
Caribbean Club
104080 Overseas Highway, Key Largo
Telefon (305) 451-4466
The Beach Café at Morada Bay
81600 Overseas Highway, Islamorada
Telefon (305) 664-3225
www.moradabay.com/the-beach-cafe
John Pennekamp State Park
102601 Overseas Highway, Key Largo
Telefon (305) 451-6300
8 Uhr bis Sonnenuntergang. (Gebäude schließen um 17 Uhr.)
Trading Post Grocery Store
81868 Overseas Highway, Islamorada
Telefon (305) 664-2571
www.tradingpostfloridakeys.com
Rund um die Uhr geöffnet.