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Das historische Inn wurde im Jahre 1914 von Poe Johnson erbaut. (Foto: © Florida Sun Magazine 2/08)
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Von der Veranda kann man die schönsten Sonnenuntergänge genießen. (Foto: © Florida Sun Magazine 2/08)
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Auf der zum Inn gehörenden Fishing Pier haben Gäste schon so manchen kapitalen Fang aus den Fluten gezogen. (Foto: © Florida Sun Magazine 2/08)
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Pelikan beim mittäglichen Sonnenbad. (Foto: © Florida Sun Magazine 2/08)
Wie viele Tonnen »Jelly Beans« wurden im Januar 1981 anlässlich der Feierlichkeiten zum Amtsantritt von Präsident Ronald Reagan geliefert? Die Frage aus dem »Trivial-Pursuit«-Spiel bringt mich ziemlich ins Schwitzen. Dabei ist alles andere hier im Bokeelia Tarpon Inn weiß Gott nicht nervenaufreibend. Im Gegenteil. Die kleine Frühstückspension im gleichnamigen Fischerdorf an der Nordspitze von Pine Island verströmt entspannte Behaglichkeit und himmlische Ruhe. Hier gibt es keine umtriebige Hotelbar oder plärrende Fernsehgeräte. Man vergnügt sich abends eher mit Brettspielen. Oder einem guten Buch. Und entdeckt, dass man sich durchaus auch mal unterhalten kann, ohne dass einem die »Super Nanny« oder »Wer wird Millionär?« ständig dazwischenplappern.
Im Bokeelia Tarpon Inn ist Entspannung und Kontemplation angesagt. Das aber auf ausgesprochen stilvolle Weise. Das Haus mit herrlichem Blick über die Bucht von Charlotte Harbor wurde bereits 1914 von dem wohlhabenden Plantagenbesitzer Poe Johnson erbaut. Generationen von Bewohnern genossen seither die fischreiche Bucht vor der Haustüre, die malerischen Sonnenuntergänge und die friedvolle Abgeschiedenheit. Doch irgendwann Ende der neunziger Jahre drohte das Gebäude zu verfallen. Ein Unternehmer aus Pennsylvania erkannte das Potenzial und ließ das historische Anwesen behutsam renovieren und in ein durch und durch stilvolles Inn verwandeln. Und so knarren die Holzfußböden und lodert der Kamin heute wieder so behaglich wie schon vor 80 Jahren.
Einmal im Jahr freilich wird es hier etwas lebendiger – wenn an ein paar Wochenenden im Sommer die Tarpon-Saison ihren Höhepunkt erreicht und Dutzende Sportfischer dem »Silver King« nachjagen. Dann sind die sechs Zimmer – allesamt ausgesprochen geschmackvoll im Island-Stil eingerichtet – meist schon im Voraus ausgebucht. Abends versammeln sich die Petrijünger dann in dem mit »Fishing«-Memorabilia und nautischen Sammelstücken ausgestatteten »Chart Room« oder tauschen auf der überdachten Veranda bei einem Glas Rotwein Anglerlatein aus. Dabei müssen sie nicht einmal besonders flunkern, gilt die Bucht um Gasparilla Island doch als weltweit bester Fanggrund für die formidablen Brocken aus dem Meer.
»Möchten Sie noch ein Sandwich«, fragt uns unsere Gastgeberin Cynthia Welch und unterbricht mein Grübeln über präsidiale Süßigkeiten und Jelly Beans. Cynthia ist vor vielen Jahren aus Irland nach Amerika gekommen und genießt dank ihrer köstlichen selbst gemachten Marmeladen einen durchaus legendären Ruf unter den Inselbewohnern. Natürlich nehmen wir das Angebot dankend an, sind wir doch heute den ganzen Tag über die Gewässer um die Nordspitze Pine Islands gepaddelt. Als gegen Mittag der Wind auffrischte und weiße Schaumkronen auf dem Meer aufwarf, haben wir uns in die seichten Buchten verzogen, dorthin wo der dichte Mangrovenbewuchs Schutz vor der Dünung bietet. Später war dann eine Stunde lang Angeln auf der zum Inn gehörenden Pier angesagt – und dabei gingen uns einige durchaus kapitale Exemplare an den Haken. Doch in Anbetracht von Cynthias guter Küche – besonders das Frühstück mit Rührei, Porridge und jeder Menge Brotsorten ist ein absoluter Genuss – bekamen wir plötzlich Mitleid mit unserem Fang und schenkten ihm nach dem sportlichen Motto »Catch & Release« die Freiheit. Bis auf Weiteres jedenfalls...
Apropos Freiheit: Die Bewohner von Pine Island, das merken wir schnell, sind ein besonderer Menschenschlag. Echte Insulaner eben, stolz darauf, ein bisschen anders zu sein als die Leute auf dem Festland. Will sagen: Allzu forsche Developer, die auf der romantischen Insel irgendwann das große Geld witterten und das Eiland mit Appartementkomplexen vollpflastern wollten, bissen sich an den trotzigen Einheimischen schnell die Zähne aus. Eigentlich sind sie hier alle ganz froh, dass Pine Island keine Sandstrände hat, so konnte man sich Kommerz und Rummel bisher einigermaßen vom Leibe halten. »Wir wollen, dass unsere Insel ihren ländlichen Charme behält«, hat uns gestern jemand in der hübschen Crossed Palms Gallery erzählt, die gleich neben unserem Inn gelegen ist. Zufällig fand gerade die erste der beliebten »Art Nights« der Saison statt, gewissermaßen ein »Haus der offenen Tür«, an dem sich die meisten der Galerien auf Pine Island und dem benachbarten Matlacha beteiligen. Kunstliebhaber bummeln da bei Häppchen und Sekt durch die Ausstellungen und plauschen mit Galeristen und Gleichgesinnten. Ein wirklicher Geheimtipp, denn nirgendwo sonst erfährt man mehr über diese charmante tropische Insel, auf der seit Generationen Plantagenanbau betrieben wird und wo man wie wohl nirgendwo sonst das Flair des »alten Floridas« hautnah spüren kann.
PS: Es waren dreieinhalb Tonnen Jelly Beans, die Präsident Reagan ins Weiße Haus liefern ließ. Und ich habe die Runde »Trivial Pursuit« verloren...
Mehr Informationen:
Bokeelia Tarpon Inn
8241 Main Street
Bokeelia, FL 33922
Reservierungen:
(239) 283-8961
Sechs verschieden eingerichtete Zimmer, jedes mit eigenem Bad.
Preise:
Doppelzimmer/Meerblick von 199 Dollar bis 325 Dollar je nach Saison. Keine Kinder unter 12 Jahren.