
Karibik-Manatis
Im Winter besonders häufig zu beobachten: Karibik-Manatis im Chrystal-River-Quellsystem (Foto © Greg Amptman/Shutterstock.com)
Mit ihrem runden Kopf, den frontal stehenden Augen und den kurzen, armartigen Flossen muten die sich größtenteils von Wasserpflanzen ernährenden Seekühe eigentümlich menschenähnlich an. Kein Wunder, dass diese so sanft erscheinenden Riesen – die heute noch existierendem Arten werden bis zu 4,5 Meter lang – die Menschen seit jeher fasziniert und ihre Fantasie angeregt haben. So wurden sie mit den unter anderem von Homer beschriebenen Sirenen identifiziert. Jene in der Regel weiblichen Wesen, die der Legende nach Seefahrer mit ihren Gesängen anlockten, um ihnen den Garaus zu machen, galten ursprünglich als Mischung aus Mensch und Vogel, wurden ab dem Mittelalter aber auch als Kreuzung aus Mensch und Fisch dargestellt. Dementsprechend lautet der lateinische Name der Ordnung der Seekühe Sirenia. Christoph Kolumbus soll der Erste gewesen sein, der bei seiner Ankunft im Golf von Mexiko die dortigen Manatis für jene sagenumwobenen Meerjungfrauen hielt. Auch wenn nichts über sirenenartige Seekuhgesänge bekannt ist, kann man die Meeressäuger nicht zuletzt auch aufgrund der fast brustständigen Zitzen der Weibchen von Weitem in der Tat durchaus mit schwimmenden Menschen verwechseln.
Karibik-Manatis haben eine Abneigung gegen Kälte. Fällt die Wassertemperatur für längere Zeit unter 20 Grad Celsius, ziehen sie daher vor allem aus den nördlichen Regionen des Sunshine State in klimatisch mildere Gefilde im Süden. Zu den Orten, an denen sich während der Herbst- und Wintermonate besonders viele der normalerweise eher einzelgängerisch lebenden Tiere versammeln, zählen etwa die Three Sister Springs in Crystal River und der Ellie Schiller Homosassa Springs Wildlife State Park in Homosassa im Citrus County. Auf der Website Discover Crystal River Florida bezeichnet sich die etwa 110 Kilometer nördlich von Tampa gelegene Stadt Crystal River selbstbewusst als "Manatee Capital of the World". Stolz weist man darauf hin, dass im Winter nirgendwo anders mehr Manatis beobachtet werden könnten als in den Gewässern des Citrus County und es keinen anderen Ort in den USA gibt, an dem es Menschen offiziell erlaubt ist, sich ihnen im Wasser zu nähern.
Wer mit Seekühen schwimmen möchte, darf dies freilich nicht einfach auf eigene Faust tun, sondern muss an einer der organisierten Touren teilnehmen, deren Guides dafür Sorge tragen, dass die Menschen sich den nach wie vor bedrohten Tieren mit gebotener Vorsicht und Respekt nähern. Statt selbst zu den Tieren ins Wasser zu gehen, kann man sie aber auch von einem Kajak, einem Stand-up-Paddleboard oder den Uferwegen der Quellen und Flüsse aus beobachten.
Eine im März 2015 aus der Luft vorgenommene Untersuchung ergab, dass in floridianischen Gewässern insgesamt 6063 Karibik-Manatis lebten. Etwa ein Sechstel davon bevölkerte das Citrus County. Der Grund dafür liegt laut Discover Crystal River Florida in den dortigen vom Grundwasserleitersystem gespeisten warmen Quellen. In die Kings Bay, den Oberlauf des Crystal River, befördern über 70 Quellen täglich mehr als 2,27 Milliarden Liter Wasser, während aus der Homosassa Spring jeden Tag über 189 Millionen Liter Wasser in den Homosassa River fließen. Ein dritter wichtiger von zahlreichen warmen Quellen gespeister Fluss ist der nahe gelegene Chassahowitzka River. Angesichts der guten Lebensbedingungen bewohnen auch im Sommer Hunderte von Seekühen die Quellen des Citrus Countys.