Floridas Strände sind der wohl mit Abstand größte Touristenmagnet. (Foto: © Matt Kaplan)
Das von Gouverneur Rick Scott kürzlich unterzeichnete House Bill 631, das sogenannte Possession of Real Property Bill, gibt Hotels, Apartmentanlagen und Privatresidenzen ab dem 1. Juli dieses Jahres mehr Kontrollgewalt über die zu ihren Grundstücken gehörenden Strandabschnitte oberhalb der mittleren Hochwasserlinie. In der Folge könnten Strandbesucher, die sich auf dem trockenen Teil privater Strände aufhalten, in Zukunft von den Besitzern angehalten werden, auf den nassen Teil des Strands auszuweichen. Wie die Miami New Times berichten, galt im Hinblick auf die öffentliche Nutzung von Stränden in Privatbesitz bisher im Prinzip das Gewohnheitsrecht, nach dem private Strände, die erwiesenermaßen über eine längere Zeit von der Allgemeinheit genutzt wurden, auch weiterhin für jedermann zugänglich sind. Durch HB 631 ist es den lokalen Verwaltungen künftig untersagt, Verordnungen zu erlassen, die dieses Gewohnheitsrecht offiziell festschreiben. Stattdessen müssen die Stadt- und Countyregierungen in jedem Einzelfall gerichtlich klären lassen, ob der Allgemeinheit das Recht zukommt, den jeweiligen Strand zu benutzen, oder der Besitzer dies untersagen kann. Entsprechende Verordnungen, die vor 2016 erlassen wurden, bleiben davon aber unberührt.
Kritiker befürchten, dass das neue Gesetz es lokalen Verwaltungen erschweren wird, den öffentlichen Zugang zu den Stränden sicherzustellen. Philip Levine, ehemaliger Bürgermeister von Miami Beach, der demnächst für die Demokraten ins Gouverneursrennen gehen will, bezeichnet es als "absurd", eines der fundamentalen Rechte der Einwohner Floridas per Gesetz abzuschaffen und damit möglicherweise auch noch der Tourismusindustrie Schaden zuzufügen. Schließlich würden die Leute nach Florida kommen, um sich hier unbehelligt an den Stränden aufzuhalten, ohne darauf achten zu müssen, ob sie sich "auf nassem oder trockenem Sand" befänden. Befürworter des Gesetzes wie Katie Edwards-Walpole, demokratische Abgeordnete in Floridas Repräsentantenhaus, betonen dagegen, dass es lediglich die bisherige umstrittene Vorgehensweise "optimiere", indem es eine richterliche Entscheidung darüber ermögliche, welche Nutzungsrechte der Öffentlichkeit einzuräumen sind.
Marilu Cristina Flores, ehemalige Vizevorsitzende der Miami-Abteilung der Surfrider Foundation, einer Non-Profit-Organisation, die sich dem Schutz von Ozean und Stränden und der Verbreitung von Umweltbewusstsein verschrieben hat, sorgt sich darum, dass das Gesetz in Gegenden, wo bislang keine strengen Verordnungen zur Sicherstellung des öffentlichen Zugangs zu Privatstränden existieren, nicht nur schlecht für Strandbesucher wäre, sondern auch eine ernsthafte Bedrohung für die Umwelt darstellen könnte: Niemand wisse, wie die Grundstückseigner ihr neues Recht ausüben würden und welche Folgen das für die Strände hätte. Laut Fox 13 könnten sich zum Beispiel Probleme für den Schutz der Meeresschildkröten ergeben, wenn private Strandbesitzer Helfer davon abhalten würden, sich um durch Fressfeinde gefährdete Schildkrötennester auf ihrem Grundstück zu kümmern. Bruno Falkenstein, Gründer der Organisation Sea Turtle Trackers, gibt sich in dieser Hinsicht aber optimistisch: In 25 Jahren habe er noch nie irgendwelche Auseinandersetzungen mit privaten Strandbesitzern gehabt.
Trotz aller besorgten Stimmen lässt sich gegenwärtig überhaupt nicht absehen, inwiefern sich tatsächlich etwas am öffentlichen Zugang zu privaten Stränden und dem Umweltschutz in Florida ändern wird. Viele der beliebtesten Strände, wie etwa jene in Miami Beach, befinden sich allerdings ohnehin in öffentlichem Besitz.